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RAI Sender Bozen - Shopping-Boom rund um den Black Friday - Die Gründe und die Gefahren
Shopping-Boom rund um den Black Friday - Die Gründe und die Gefahren
Kurzfristige positive Gefühle - das bringt der Kauf von Schnäppchen - sagt der Psychotherapeut Manuel Schmelzer und zeigt die Gefahren auf.
RAI News 23/11/2023
Black Friday und Black Week - Die Angebote sind da – in den Geschäften und vor allem online. Die Schnäppchen setzen Konsumenten teilweise fast schon unter Druck, etwas kaufen zu müssen. Der Psychologe und Psychotherapeut Manuel Schmelzer erklärt im Morgengespräch auf Rai Südtirol (http://creativemediax2-rai-it.akamaized.net/podcastcdn/rai24_vod/21615219.mp3), dass sich viele diesem Druck auch gerne hingeben. Das zeigt auch die Statistik: In keinem anderen Zeitraum im Jahr werden mehr sinnlose Sachen gekauft als am Black Friday, bzw. in der Woche rund um den Verkaufstag.
“Das wirkt so ähnlich aus, wie wenn man verliebt ist"
Doch wer ist besonders gefährdet, sich hier zu sehr dem Konsum hinzugeben, ein Suchtverhalten zu entwickeln? Schmelzer erklärt, dass vom Kaufen an sich prinzipiell keine Gefahr ausgeht. Doch es gilt zu beachten, dass gewisse Personengruppen gefährdet sein können: besonders im aktuellen Zeitraum sind das Jugendliche oder Personen, die unglücklich sind - oder eben auch Singles. Das hangt laut Manuel Schmelzer damit zusammen, was der Kauf eines günstigen Produktes auslöst: Es geht um Glücksgefühle, die dadurch entstehen. “Das wirkt so ähnlich aus, wie wenn man verliebt ist, wie wenn man etwas Schönes erlebt oder im Extremfall, wie wenn man gewisse Drogen konsumiert - das heißt, es passiert etwas im Gehirn.
Genau diese Vorgänge können bewirken, dass sich solches Konsumverhalten auch längerfristig auf die Persönlichkeit auswirkt. „Niemand kau! nur das, was er wirklich braucht.“ Um übermäßigem, gefährlichem Konsum vorzubeugen, rät der Psychotherapeut: „Macht euch daheim eine Liste, dann geht’s besser.“
Schuldenfalle Ratenzahlung
Vor allem die Möglichkeit von Ratenzahlungen, online wie auch in Geschäften, kann Personen in finanzielle Schwierigkeiten bringen. „Wir haben nicht mehr nur ein Angebot, wo wir uns vielleicht Gedanken darüber machen, wo wir eine Nacht drüber schlafen sollen. Wir haben durchaus die Möglichkeit uns Sachen zu besorgen und rund um die Uhr immer und alles, was irgendwie möglich ist, zu kaufen. Sogar Sachen, die wir uns eigentlich nicht leisten können - und da fängt das Ganze an, gefährlich zu werden, langfristig zum Problem zu werden.
Das Konsumverhalten hat sich auch durch die Preisentwicklung der vergangenen Monate nicht stark verändert: „Es ist ja schon fast widersprüchlich“, sagt Manuel Schmelzer, „wir haben eine sehr hohe Inflation, die Produkte haben sich massiv verteuert. Die Löhne sind nicht im gleichen Ausmaß gestiegen. Hinten und vorne fehlt das Geld und trotzdem wird auf Teufel komm raus gekauft.“
Es ist wohl der Wunsch nach einem positiven Erlebnis, der Menschen zum Kaufen bewegt. „Wenn ich unzufrieden bin und mir dann aber jemand ein Angebot macht, dass ich etwas Positives erleben kann und dafür vielleicht das, was unangenehm ist, in die Zukunft schieben kann, dann wirkt das Ganze natürlich kurzfristig wie eine Belohnung oder wie ein positiver Effekt im Gehirn. In solchen Situationen entscheiden sich viele für die kurzfristige, positive Emotion und blenden die langfristigen Folgen aus Die Verlockung ist da.
Werbung auf den einzelnen Kunden zugeschnitten
Kurzfristige, positive Emotionen. Menschen kaufen also immer mehr die Emotion und nicht das Produkt selbst. Und manchmal geht es laut Schmelzer einfach nur darum, das zu haben, was man haben muss, „wo einem die Werbung sagt, das brauchst du.“ Denn die Werbung ist mittlerweile auf die Nutzer zugeschnitten: „Vor allem die digitale Welt ist eine, wo Nutzer wirklich vom Morgen bis zum Abend durchgehend mit Werbung konfrontiert werden - wirklich ganz spezifische Werbung und man wird dazu verleitet etwas zu konsumieren. Und der Klick im Internet ist dann schnell getan.“
Wie kann man sich dem entziehen?
„Da geht’s vor allem darum, dass man sagt, man kau! bewusst - man überlegt sich, was man braucht und man findet auch Freude und Lebensqualität woanders nicht nur in der digitalen Welt, nicht nur beim Shoppen. Nicht nur in einem Einkaufszentrum, sondern vielleicht auch mal in der Natur mit Freunden. Oder beim Ausgehen, beim Essen gehen, oder wenn man irgendwie etwas macht es einfach mal nichts kostet.
Ab wann ist das Kaufverhalten nicht mehr normal?
„Oft genügt es einfach selbst zu hinterfragen: Ist das, was ich mache, noch kontrolliert oder kaufe ich impulsiv - kauf ich einfach irgendwas ohne dass es mir einen Nutzen bringt - habe ich an langfristig negative Konsequenzen, die mir kurzfristig egal sind - d.h. wenn ich jetzt das Sparschwein von meinen Kindern kaputthaue und Geld raus nehme, um mir etwas kaufen zu können. Es gilt den Moment zu erkennen, wo ich merke, dass mein Verhalten zum Problem für mich, für meine Familie oder meine Mitmenschen wird oder bereits geworden ist. Hilfe findet man dann in den psychologischen Diensten oder in den Diensten für Abhängigkeitserkrankungen.“